Flucht aus Tibet | 1959-2019

Vor 60 Jahren, im Jahr 1959, flüchtete Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama aus seiner Heimat Tibet.

Bereits acht Jahre zuvor hatte Heinrich Harrer, der Vertraute, Freund und Lehrer des Dalai Lama, Tibet, das ihm eine zweite Heimat geworden war, verlassen. Die Situation im Land war unübersichtlich geworden, der tibetisch-chinesische Konflikt spitzte sich zu.

In seiner Autobiographie berichtet Harrer, es habe in Lhasa „wilde Gerüchte über die aggressiven Pläne der Chinesen“ gegeben. Am 7. Januar 1950, so schildert es Harrer, habe er die Nachricht weiterleiten müssen, dass China die ‚Befreiung‘ Tibets vorbereiten würde. Harrer hält fest: „In Lhasa wusste man natürlich nicht, wovon die Tibeter befreit werden sollten. Das Volk hatte keine Ahnung von den Drohungen, denn es gab weder Zeitung noch Radio.“

Am 7. Oktober 1950 überschritt die chinesische Armee die Grenze zu Tibet, was in Lhasa – so Harrer – noch keine „Panik“ ausbrechen ließ. Harrer selbst erkannte allerdings die bedrohliche Situation: „[Ich] beschleunigte meine Vorbereitungen, die Stadt für immer zu verlassen.“

Der Dalai Lama flüchtete 1950 zunächst gemeinsam mit Heinrich Harrer an die indische Grenze. 1951 kehrte er im Sommer jedoch nach Lhasa zurück. Die Lage hatte sich dort vorerst stabilisiert, nachdem Tibet mit China ein Abkommen geschlossen hatte, das Tibet innenpolitische Autonomie und Religionsfreiheit zusicherte, den Außenhandel und militärische Angelegenheiten aber der Regierung der VR China übertrug. In Lhasa nahm der Dalai Lama seine religiösen Funktionen wieder auf. Später bekannte er, dass er dem Abkommen nur zugestimmt habe, um sein Volk und das Land vor der völligen Zerstörung zu bewahren.

Allerdings lehnt sich die tibetische Bevölkerung bald gegen die chinesische Präsenz auf. Ende der 1950er Jahre wird der Widerstand der Tibeter immer stärker. Um die Aufständischen einzuschüchtern, drohen die Chinesen mit der Zerstörung des Potala-Palastes und der Ermordung des Dalai Lama. Dieser flieht am 17. März 1959 ins Exil nach Indien und entkommt dadurch den Gefechten in seinem Land. Seither lebt er in Daramsala, wo eine tibetische Exil-Regierung amtiert. Den Boden seines Heimatlandes Tibet konnte er bislang nicht mehr betreten.

Auch für Heinrich Harrer war die Flucht aus Tibet ein tiefgreifender Einschnitt. Rückblickend bekennt er wehmütig:

„[M]ein Abschied von Tibet [war] auch ein Abschied von einem erfüllten Leben, von einer Zeit, die man nirgendwo noch einmal finden kann, auch nicht mehr in Tibet.“